Prüfungsangst überwinden: Was tun gegen Prüfungsangst?

Eine Prüfung bedeutet Stress. Auf Knopfdruck gilt es, schriftlich oder mündlich Höchstleistungen zu vollbringen. Von der Bewertung des Prüfers oder der Prüferin hängt die Note ab, manchmal sogar die weitere Zukunft. Diese Situation ist für Schülerinnen und Schüler oft nicht leicht. Wer unter Prüfungsangst leidet, hat es allerdings besonders schwer: Vor der Prüfung behindern quälende Versagensängste die Vorbereitung. In der Prüfung ist der Kopf plötzlich wie leergefegt. Herzrasen, schwitzende Hände, Blackout – nichts geht mehr. Kommt Ihnen diese Situation bekannt vor? Wir zeigen Ihnen, wie Sie mit Prüfungsangst gelassener umgehen.

Vollständig vermeiden lässt sich Prüfungsangst nicht. Ein bisschen Nervosität und Aufregung sind in der Regel sogar hilfreich. Aber die lähmende Panik vor Prüfungen können Sie verhindern.

Junge Frau - Prüfungsangst

Wie entsteht Prüfungsangst?

Viele Schüler und Schülerinnen setzen sich selbst unter Druck: „Ich muss diese Prüfung bestehen, sonst…“ und dann springt das „Kopf-Kino“ an. Es führt Ihnen die schlimmsten Konsequenzen vor Augen. Die Angst ist groß, das Gesicht vor dem Prüfer beziehungsweise der Prüferin, den Eltern, den Freundinnen bzw. Freunden und sich selbst zu verlieren.

Manchmal hängt vom erfolgreichen Bestehen einer Prüfung die weitere Karriere ab. Der Ausbildungsplatz ist so gut wie sicher. Aber der Vertrag kommt nur zustande bei bestandenem Realschulabschluss oder Abitur. Zukunftsangst macht sich breit. Unter einem derartigen Druck kann kaum jemand seine wahre Leistungsfähigkeit zeigen. Schlimmstenfalls kommt es zu einer kompletten Blockade.

Spielfigur mit dem Wort Blockade - Blockaden lösen

Definition von Prüfungsangst

Prüfungsangst ist die Angst vor der Bewertung der eigenen Leistung, der Kenntnisse und Fähigkeiten in einer Prüfungssituation. Betroffene quält die Angst vor den Konsequenzen im Falle des Nicht-Bestehens. Wer unter Prüfungsangst leidet, ist oft bereits während der Prüfungsvorbereitung wie gelähmt. Statt eines Adrenalin-Stoßes, der in der Prüfung für Höchstleistungen sorgt, kommt es schlimmstenfalls zu einem Blackout.

Wie äußert sich Prüfungsangst?

Prüfungsangst zeigt sich in der Regel nicht erst in der Prüfung selbst. Die meisten Schülerinnen und Schüler leiden bereits Tage davor unter Angstzuständen, Stress und Gefühlen der Überforderung.

Mögliche Symptome bei Prüfungsstress:

  • Kopfschmerzen
  • Übelkeit und Schwindelgefühle
  • Herzrasen
  • Durchfall
  • Schlafstörungen
  • Müdigkeit
  • Appetitlosigkeit
  • Heißhunger
  • Konzentrationsstörungen
  • Denkblockaden bis zum Blackout
  • Selbstzweifel
  • Versagensängste
  • Depressionen

Bei manchen Schüler*innen bzw. Student*innen verändert sich das Verhalten vor Prüfungen. Der Leistungsdruck führt zu Stimmungsschwankungen. Eltern und Freund*innen gegenüber sind sie reizbar. Manchmal fangen sie an, ungewöhnlich viel Alkohol zu trinken, übermäßig zu essen oder sie greifen zu Tabletten, um sich zu beruhigen.

Junger Mensch am Bahnsteig - Prüfungsangst

Ursachen für Prüfungsangst

1.    Wissenslücken

Vielleicht waren Sie längere Zeit krank. Möglicherweise fehlte Ihnen in der Vergangenheit die Motivation, dem Unterricht zu folgen. Oder Sie haben aus anderen Gründen das Lernen vernachlässigt. „Durchhänger“ kennt jeder. Dadurch entstehen Wissenslücken.

Lösung:

  • Sprechen Sie mit der zuständigen Lehrkraft, wenn Sie den Anschluss an die Klasse verloren haben. Durch Zusatzaufgaben lässt sich Ihre Lücke möglicherweise schließen.
  • Bitten Sie Mitschüler*innen und Mitstudierende, Ihnen den Stoff zu erklären. Lerngruppen sind eine gute Gelegenheit zum Wissensaustausch.

Nehmen Sie Nachhilfe in Anspruch. Sind die Lücken zu massiv, lohnt sich die Investition in eine Privatlehrerin beziehungsweise einen Privatlehrer.

2.    Perfektionismus

Hinter Prüfungsangst kann ein zu hoher eigener Leistungsanspruch stecken. Aber zum Bestehen der Prüfung ist die Bestnote häufig gar nicht nötig.

Lösung:

Bleiben Sie realistisch. Brauchen Sie ein bestimmtes Ergebnis? Manchmal hängt davon die Versetzung, der Schulabschluss oder die Zulassung zu einem bestimmten Studiengang ab. Falls nicht, nehmen Sie den Druck raus: Hauptsache, Sie bestehen. Nach der Note fragt später niemand mehr. Bestanden ist bestanden. Das reicht.

3.    Fehlendes Selbstbewusstsein

Wer sich wenig zutraut, neigt eher zu Prüfungsangst.

Lösung:

  • Denken Sie an Ihre bereits bestandenen Prüfungen. Machen Sie sich bewusst, dass Sie sich vergangene Erfolge selbst zu verdanken haben.
  • Stärken Sie Ihr Selbstbewusstsein. Sport wirkt unterstützend. Positiver Nebeneffekt: Durch die Bewegung bauen Sie Stress ab. 
  • Umgeben Sie sich mit Menschen, die Ihnen positives Feedback geben.

4.    Falsche Lernmethoden und fehlende Vorbereitung

Sie haben bisher ohne konkreten Plan gelernt und in der Prüfung verblüfft festgestellt, dass etwas völlig anderes abgefragt wird? Möglicherweise fehlt Ihnen der Überblick.

Lösung:

  • Erfragen Sie die Prüfungsinhalte vorab.
  • Stellen Sie die relevanten Unterlagen zum Lernen zusammen. Falls Ihnen Blätter und Material fehlen, leihen Sie Mappen und Bücher von Klassenkameradinnen und -kameraden aus.
  • Teilen Sie den Lernstoff in kleinere Einheiten ein.
  • Erstellen Sie sich einen Arbeitsplan, den Sie Schritt für Schritt abarbeiten.
  • Bauen Sie Wiederholungsphasen ein.

5.    Angst vor dem Erfolg

Auch das gibt es. Wenn Sie die bevorstehende Prüfung bewältigen, zieht das Konsequenzen nach sich. Danach folgt möglicherweise ein Schulwechsel, eine Ausbildung oder ein Studium. Vielleicht steht der Umzug in eine fremde Stadt an. All das bedeutet Veränderungen. Eventuell fühlen Sie sich noch nicht bereit dafür.

Lösung:

  • Sprechen Sie mit Eltern, FreundInnen und anderen Vertrauenspersonen über Ihre Gefühle.
  • Finden Sie heraus, wovor Sie Angst haben.
  • Es hilft, sich mit neuen Umgebungen vorab vertraut zu machen. Besuchen Sie die neue Schule, die Ausbildungsstelle, die Stadt oder die Uni. Informieren Sie sich über das, was Sie erwartet. Wissen wirkt der Angst entgegen.
Lachende und traurige Smileys – Stimmungsschwankungen

Tipps & Tricks zum Bewältigen der Prüfungsangst

Diese Strategien helfen Ihnen dabei, mit Ihrer Prüfungsangst entspannter umzugehen und sie zu überwinden.

1.    Nehmen Sie der Angst ihre Macht

Angst lähmt. Am besten Sie durchbrechen die Angstspirale, indem Sie sich Ihren Gefühlen stellen. Vom Bestehen einer Prüfung hängt ganz sicher viel, aber nicht alles ab. Es ist kein Weltuntergang, durchzufallen. Es gibt in der Regel die Möglichkeit, die Prüfung zu wiederholen. Dann bestehen Sie eben beim zweiten Mal. Mit Ihrem Lebenserfolg und Ihrem Wert als Person hat das nichts zu tun.

Am eindrucksvollsten verdeutlichen das die Lebensläufe namhafter Persönlichkeiten:

  • Der Schriftsteller Thomas Mann wiederholte auf dem Gymnasium zwei Klassen. Dann ging er mit mittlerer Reife ab. Später bekam er den Literaturnobelpreis.
  • Der Komiker Dirk Bach drehte drei „Ehrenrunden“, bis er den Realschulabschluss schaffte.
  • Peer Steinbrück war deutscher Finanzminister. Als Schüler fiel er ausgerechnet in Mathe sowie in Latein und Altgriechisch durch die Prüfungen. Daraufhin musste er die Eliteschule verlassen. Sein Abitur bestand der, als hochintelligent geltende, Politiker erst im Alter von 21 Jahren.

2.    Denken Sie an Ihre früheren Erfolge

Führen Sie sich Prüfungssituationen vor Augen, in denen Sie erfolgreich abgeschnitten haben. Sie haben bereits schwierige Klassenarbeiten und mündliche Prüfungen hinter sich gebracht. Diese werden Sie auch bewältigen. Stellen Sie sich vor, wie Sie die Situation mit Bravour meistern.

3.    Führen Sie Selbstgespräche

Coachen Sie sich wie die Profis. Sie können sich entweder mit „Du“ anreden oder hilfreiche Sätze in der Ich-Form formulieren. Probieren Sie aus, was bei Ihnen besser funktioniert. Kein Grund, sich dabei „komisch“ zu fühlen. Alle Menschen führen Selbstgespräche.

Unterhaltungen mit sich selbst haben noch einen weiteren Vorteil: Sie durchbrechen eine Panikattacke. In Momenten extremer Prüfungsangst stehen Sie unter Hochspannung. Gleichzeitig sind Sie wie erstarrt. Ihr limbisches System (Säugetier-Hirn) hat das Ruder übernommen. Anders gesagt: Sie sind komplett instinktgesteuert und einzig und allein auf Flucht oder Kampf eingestellt. Wenn Sie anfangen, laut mit sich zu sprechen, aktivieren Sie Ihre Großhirnrinde. Dadurch gewinnen Sie die Kontrolle zurück. Sie werden ruhiger.

Beispiele für erfolgreiche Selbstmotivation:

  • „Ich schaffe das! Ich habe viel gelernt und bin gut vorbereitet.“
  • „In meinem Leben habe ich schon so viele Klassenarbeiten / Prüfungen hinter mich gebracht. Diese bestehe ich auch.“
  • „In der Abschlussprüfung gebe ich mein Bestes. Das reicht.“

4.    Bereiten Sie sich fachlich auf die anstehende Prüfung vor

Gegen Lampenfieber hilft eine umfassende Vorbereitung. Dieser Tipp klingt nach einer banalen Selbstverständlichkeit. Doch viele Schülerinnen und Schüler machen den Fehler, mit dem Lernen für wichtige Klassenarbeiten, Klausuren oder Abschlussprüfungen zu spät anzufangen. Hier sind Selbst- und Zeitmanagement gefragt. Erstellen Sie sich einen Lernplan und Arbeiten Sie diesen systematisch ab. Sinnvoll ist, die Lerninhalte in einzelne Blöcke aufzuteilen. Das macht den Stoff insgesamt überschaubarer.

5. Effektiv lernen: Wiederholen Sie die wesentlichen Inhalte

Um die Prüfung zu bestehen, genügt in den meisten Fällen fundiertes Wissen in ausgewählten Bereichen. Sie müssen nicht den kompletten Stoff aus dem Schuljahr oder Semester perfekt bis ins kleinste Detail beherrschen. Finden Sie heraus, welche Inhalte in der Prüfung tatsächlich abgefragt werden. Darauf legen Sie bei der Prüfungsvorbereitung den Schwerpunkt. Lassen Sie Nebensächliches weg. Bei der Unterscheidung zwischen wichtig und unwichtig hilft Ihnen die Eisenhower-Matrix.

6.    Üben Sie mit alten Prüfungsunterlagen

Eine effektive Vorbereitung ist das Lösen alter Klassenarbeiten und Klausuren. Bitten Sie Ihre Lehrerinnen und Lehrer um Musteraufgaben. Stehen Sie vor den Abschlussarbeiten? Bei uns finden Sie abiturähnliche Übungsaufgaben und Prüfungsfragen zur Vorbereitung. Gerne können Sie hier auch das gesamte Probe-Abitur ablegen.

7.    Trainieren Sie mündliche Prüfungen

Im Rollenspiel lassen sich mündliche Prüfungssituationen nachstellen. Üben Sie die einzelnen Stationen mit Ihren Eltern, Klassenkameradinnen und -kameraden oder Kommilitoninnen und Kommilitonen. Dies ist übrigens auch eine effektive Möglichkeit, sich im Rahmen von Bewerbungen auf Vorstellungsgespräche vorzubereiten.

8.    Erfragen Sie den Ablauf der Prüfung

Es beruhigt, wenn Sie genau wissen, was von Ihnen erwartet wird. Bitten Sie den Prüfer beziehungsweise die Prüferin um nähere Informationen. Sprechen Sie mit Schülerinnen bzw. Schülern und Studierenden, die diesen Schritt bereits hinter sich gebracht haben. Spielen Sie anschließend den Ablauf der Prüfung in Ihrem Kopf mehrmals durch. Das hilft Ihnen, mit der Nervosität umzugehen.

9.    Planen Sie am Prüfungstag genug Zeit ein

Erscheinen Sie möglichst früh am Prüfungstermin. Dann haben Sie Zeit, sich an die Umgebung und die Atmosphäre zu gewöhnen. Bei Bedarf können Sie sich auf der Toilette frisch machen. Ein paar Spritzer kaltes Wasser helfen Ihnen dabei, sich zu konzentrieren.

10.    Nehmen Sie eine Siegerpose ein

Dieser Trick reduziert Stress und Anspannung wenige Minuten vor der anstehenden Prüfung: Stecken Sie beide Arme in die Luft, so dass diese ein V bilden. Diese Powerpose zeigen SportlerInnen, die eine Höchstleistung vollbracht haben. Oder stellen Sie sich breitbeinig hin und stemmen die Hände in die Hüften wie Superman. Wenn Sie dabei nicht gesehen werden wollen, machen Sie diese Übungen auf der Toilette.

Die Psychologin Amy Cuddy von der Harvard Business School hat herausgefunden, dass sich durch die Körpersprache der Hormonhaushalt verändert [1][2]:

Power-Pose: Studierende, die zwei Minuten lang eine Siegerpose einnehmen, weisen anschließend ein um durchschnittlich 20 % höheres Testosteron-Level auf. Gleichzeitig sinkt das Cortisol-Level der Testpersonen um 25 %.

Loser-Pose: Bei Studierenden, die eine Verlierer-Pose (geduckte Haltung, hängende Schultern) einnehmen, reduziert sich das Testosteron um 10 %. Der Cortisol-Level klettert um 15 %.

Was bedeutet das für Sie? Erfolgreiche Menschen verfügen über viel Testosteron und ein niedriges Cortisol-Level. [3] Mit diesem einfachen Trick schaffen Sie es, in letzter Minute den Stress zu reduzieren und Ihr Testosteron zu erhöhen.

Gewinnerin im Schwimmen - Siegerpose

Entspannungsübungen gegen Prüfungsangst

Es gibt zusätzlich eine Reihe von Entspannungs- und Atemübungen, die beim Umgang mit Prüfungsangst und Blackouts schnelle Hilfe leisten. Wenn sich negative Gedanken in Ihrem Kopf drehen, stellen Sie sich innerlich ein Stopp-Schild vor. Durchbrechen Sie Ihr Gedanken-Karussell. Setzen Sie sich gerade und aufrecht hin. Schließen Sie die Augen, atmen Sie tief ein und aus. Konzentrieren Sie sich nur auf Ihren Atem.

Schnelle Hilfe leistet auch die progressive Muskelentspannung nach Jacobson: Ballen Sie die linke Hand zur Faust. Spannen Sie sie fünf Sekunden lang an. Anschließend entspannen Sie Ihre Hand wieder. Wiederholen Sie den Vorgang mit der rechten Hand.

Sie können auch eine Entspannungstechnik von Grund auf erlernen:

  • Autogenes Training
  • Yoga
  • Tai Chi
  • Meditation
Frau macht Yoga - Stressabbau

Fazit

Prüfungsangst entsteht im Kopf. Wenn Sie unsere Tipps & Tricks gelesen haben und ab jetzt beherzigen, gehen Sie gelassener in die nächste bevorstehende Prüfung.

Sie brauchen mehr Unterstützung? Vertrauen Sie sich einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten an. Eine besonders effektive Methode der Angstbewältigung ist die kognitive Verhaltenstherapie.

Quellen

[1] Carney/Cuddy/Yap: "Power Posing: Brief Nonverbal Displays Affect Neuroendocrine Levels and Risk Tolerance." (Psychological Science 21, No. 10 October 2010, S. 1363–1368).

[2] Cuddy/Wilmuth/Carney: "The Benefit of Power Posing Before a High-Stakes Social Evaluation." (Harvard Business School Working Paper, No. 13-027, September 2012).

[3] Bartens, Werner: Diese Hormone machen Chefs, 16. August 2016: www.sueddeutsche.de/politik/testosteron-und-cortisol-diese-hormone-machen-chefs-1.3123307

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